Sämtliche Dinge, die uns im Leben begegnen, haben irgendeine Eigenschaft. Und fast jedem Hauptwort, wenn es kein Subjekt ist, geht irgendein Verb voraus. Diese Beziehung zwischen WAS und WIE spiegelt sich im Schema der GRUNDLEHRE.
Ihr Bauplan wurde vom französischen Oulipoten Raymond Queneau erfunden. Er veröffentlichte 1973 die ersten "Morales élémentaires".
Hier seine unverbindliche Bauanleitung dazu:
"Den Anfang bildet eine Gruppe aus drei plus einem Substantiv + Eigenschaftswort. Ihr folgen in gleicher Bauart die nächste und übernächste Wortpaar-Gruppe mit so vielen Wiederholungen, Reimen oder Alliterationen wie man will. Nun folgt eine Art Zwischenspiel aus sieben kurzen Zeilen; jede dieser Zeilen enthält mindestens eine, aber höchstens fünf Silben. Den Abschluss bildet noch einmal eine Wortpaar-Gruppe, wie oben aus drei plus einem Substantiv + Eigenschaftswort."
Statt Nomen + Adjektiven passen im Deutschen vielleicht wirklich besser Tätigkeitswörter mit transitiven Objekten. Sie gehen im Infinitiv dann voraus.
Mit Hilfe eines alphabetisch aufgebauten Wörterbuches
(hier Duden 2: Stilwörterbuch) lassen sich, wie links beispielsweise, geläufige Nomen-Verb-Paare finden, sogenannte Kollokationen.
Symmetrisch angeordnet, sieht die Grundlehre einem Baum oder Kristall ähnlich. Zum lyrischen Vortrag gibt uns Queneau übrigens auch einen Tipp: "Falls musikalische Begleitung gewünscht ist, bieten sich nach jeder Wortpaar-Gruppe des ersten Teils ein Gong- oder Trommelschlag an. Nach dem Zwischenspiel könnte nach meinem Geschmack eine Flöte oder Pfeife folgen."
Die französische Oulipotin Michelle Grangaud schrieb eine auf historischen Wörterbüchern basierte Sammlung meditativer "Morales élémentaires" unter dem Titel "LES TEMPS TRAVERSÉES" (2010).
Oulipo Frankfurt ist eine freie und für alle offene Schreibwerkstatt. Sie wird jeden Monat vorbereitet und moderiert von Peter Hauff