Stilübungen (exercices de style)

Hier die zweite Folge

Eine kurze Zeitungsmeldung vom 8. September, die man auch anders erzählen kann. Zum Beispiel als Märchen, als Rechenaufgabe oder in Reihenfolge rückwärts.

MÄRCHEN

In einem fernen Königreich lebten ein alter Mann und seine Frau, die waren bettelarm und zankten sich jeden Tag, wer wohl Schuld daran trüge, dass sie des Hungers litten. Und weil das Paar keine Kinder hatte, gab es auch keinen, der zwischen sie hätte fahren können, um den Streit zu schlichten. So suchte der Greis eines Tages das Weite und geriet in einen tiefen Wald. Dort setzte er sich seufzend auf eine Wunderbank. "Wanderer, du dauerst mich", sagte die sprechende Bank, "darum will ich Dir drei Wünsche erfüllen".

"Ach hätte ich doch Geld und Edelsteine, dass ich der Klagen meiner Gattin Herr würde", seufzte der Greis. Sprach es, und fand seine Taschen voller Gold. So zog er denn heim und war frohgemut. Doch hatte er die Rechnung ohne seine Frau gemacht. Denn nur wenige Wochen dauerte der Ehefrieden; diesmal ward ihm vorgehalten, nicht besseres Kapital und kaiserliche Aktien gewünscht zu haben. Denn Gold und Edelsteine waren sehr schnell an Wert verlierende Zahlungs-mittel in diesem Königreich.

So suchte der Greis ein zweites Mal das Weite, durchquerte den Zauberwald und fand zur Wunderbank, der er seufzend sein Leid gestand. Erzählte es, und fand seinen Rucksack voller Rentenpapiere, Aktien und Obligationen. Doch auch dieses Kapital befriedete seine Ehe nicht.

So brach denn der Greis ein drittes Mal auf zur Wunderbank, seufzte, dass er sich lieber in die Hölle wünschte. Sprach es, und fand sich als Investitionsberater wieder zu des Teufels linker Hand. Und wenn sich die Deutsche Bank nicht besser hütet, so wird sie voller Greise enden, die sich und ihr häusliches Elend verfluchen.